Monatsandachten

Andacht April 2024

Osterglaube aus dem Schauen

„… hinabgestiegen in das Reich des Todes“ (apostolisches Glaubensbekenntnis)

Osterglaube aus dem Schauen, das war die Überschrift einer Meditation, die mich magisch angezogen hat. Tatsächlich spricht das Ostergeschehen, von Palmsonntag über Gründonnerstag, Karfreitag bis zur Auferstehung hin, alle unsere Sinne an.

Wir Evangelischen bevorzugen meist das Hören, in den östlichen Kirchen dagegen steht eher das Schauen im Vordergrund. Denken wir nur an die bekannten Ikonen: Als Verkündigung und Bekenntnis zugleich sind sie unverzichtbarer Teil der Osterliturgie und nicht nur bloßer Kirchenschmuck.

Das erklärt, warum sie streng genommen nicht gemalt werden, sondern geschrieben bzw. gelesen statt lediglich betrachtet. Ihr sakraler Charakter bewirkt, dass ein Künstler hier nicht einfach darstellen kann, was er möchte und wie er es möchte. Jedem biblischen Thema ist vielmehr ein bestimmter Rahmen vorgegeben, der den Raum sowie die dargestellten Personen und Symbole betrifft.
Im Mittelpunkt einer typischen Auferstehungsikone (anastasis) steht grundsätzlich Jesus Christus. Er ist Zentrum des Kosmos und zugleich Erdachse (oft tatsächlich schräg dargestellt), um die sich alles dreht.
Anders aber, als auf unseren Gemälden, ist er hier nicht der strahlend triumphierende Sieger, der in einer Gloriole gen Himmel schwebt. Diesem Christus sind Leid und Anstrengung seiner Passion noch deutlich ins Gesicht geschrieben, als könnten wir mit Jesaja darin lesen: „Du hast mir Arbeit gemacht mit Deinen Sünden und Mühe mit Deinen Missetaten“.

Und wir erkennen die Wirkung: Mit seinem Tod sprengt Jesus die Tore zur Unterwelt. Noch etwas wackelig auf den Beinen, sehen wir ihn balancieren – auf einem Kreuz aus den zerborstenen Pforten der Hölle. Darunter, im Abgrund: Särge, Nägel, zerstörte Schlösser.

Und dieser Auferstandene ist mit seiner Mission noch lange nicht zu Ende. Sein Blick weist in die Tiefe, nicht nach oben. Mit liebevoll kräftigem Griff befreit er Adam und Eva aus dem Reich des Todes, stellvertretend für uns alle. Und sie sind es hier, die zum Himmel schauen. Dazu erkennen wir Abel, mit dem Hirtenstab - als Referenz an alle Opfer von Missgunst und Gewalt.

Auf der anderen Seite Personen aus dem Leben Jesu: David, sein Ahne; dazu Johannes, Täufer und Prophet der Zeitenwende; manchmal auch die Jünger sowie Paulus. Verbunden durch die weit ausgebreiteten Arme Jesu sind sie lebendige Brücken bis hin zu uns.

Und auch die Vertikale bildet in Jesus eine Brücke - zwischen Himmel und Erde, Mensch und Gott.

„Theologie in Farbe“ nennt man diese Ikonen auch. Sie mögen uns fremd erscheinen, basieren aber dennoch auf dem Bekenntnis, das wir jeden Sonntag miteinander sprechen: „… hinabgestiegen in das Reich des Todes“.

Es ist wesentlicher Teil der orthodoxen Osterliturgie: „Christus ist auferstanden von den Toten, durch den Tod hat er den Tod zertreten und denen in den Gräbern das Leben geschenkt.“

Durch sein Leiden und Sterben hat Jesus die letzte Barriere zwischen Gott und Mensch gesprengt. Er teilt nicht nur unser Leben, sondern auch den größten Schmerz: die tiefste Einsamkeit in der Endgültigkeit des Sterbens.

Und dieses Sterben setzt nicht erst am Lebensende ein, sondern schreitet lebenslang mit jeder Lieblosigkeit fort – sowohl bei den Tätern als auch bei den Opfern. Über diesem Abgrund von Verletzungen und Todeskälte liegt das Kreuz wie eine Brücke. Und letztendlich ist der Auferstandene selbst diese Kreuzesbrücke. Er ruft uns heraus, alle Menschen miteinander, zu neuem Leben im göttlichen Licht.

Der Herr ist auferstanden – und seine Auferstehung wird zu unserer.
Das ist wahrhaftig Ostern – Halleluja!

Dr. Petra Liane Pohl
(in: Evangelische Frauenhilfe im Rheinland (Hrsg.), überBRÜCKEN. Andachten 2024. 24 Andachten durch das Kirchenjahr 2023/ 2024)


Osteraugen

Ich wünsche uns Osteraugen,
die im Tod bis zum Leben sehen,
in der Schuld bis zur Vergebung,
in der Trennung bis zur Einheit,
in den Wunden bis zur Heilung.

Ich wünsche uns Osteraugen,
die im Menschen bis zu Gott,
in Gott bis zum Menschen,
im ICH bis zum DU
zu sehen vermögen.

Und dazu wünsche ich uns
alle österliche Kraft und Frieden,
Licht, Hoffnung und Glauben,
dass das Leben stärker ist als der Tod.

Klaus Hemmerle
(aus: Ders., Hirtenbriefe, Hrsg. von Karlheinz Collas, Aachen 1994, S. 113)

 

Liedvorschlag

Er ist erstanden (EG 116)
 

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